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Ganz cool fahre ich mit Fine in unserem neuen Transporter auf den super komfortablen Behindertenparkplatz nahe der Trierer Innenstadt, um sie wie jeden Tag in die nestwärme Kita zu bringen. Besonders ist schon die Tatsache, dass der Parkplatz überhaupt frei und nicht von einem zu bequemen Fußgänger und dessen fahrbaren Untersatz belagert wird. Das ist ein anderes Thema, welches uns Betroffenen leider regelmäßig Nerven kostet. Die scheußliche Respektlosigkeit und Selbstbezogenheit, mit der einige Menschen durch die Welt laufen. Aber gut, ein Andermal mehr dazu, bevor mir schon am frühen Morgen die Hutschnur platzt. Obwohl das wohl gleich auch bei diesem Thema passieren wird… 

Foto eines Behindertenparkplatzes
Behindertenparkplatz

Etwas aufgeregt bin ich ob der Tatsache, dass wir den Lifter, der den Rolli aus Autositzhöhe auf die Straße befördern soll nur wenige Male ausprobiert, aber noch nie wirklich genutzt haben, wenn wir ihn brauchten. Wird das alles passen? Wird die Technik funktionieren? Bekommen wir zwei das allein hin? Heute muss es klappen, denn wir sind nur im Rollstuhl unterwegs und es gibt keinen Plan B. Tragen kann ich Fine keine 50 Meter mehr und einen Buggy haben wir nicht dabei. Zusammen mit dem Rollstuhl aus dem Auto hieven kann ich sie auf keinen Fall. Also los. 

Ungewollter Zuschauer

Gerade mache ich die Schiebetür auf und beginne mit der kleinen Fernbedienung herumzuhantieren, da bemerke ich einen Zuschauer. Ein älterer Herr scharwenzelt um uns herum und kommt uns alle paar Sekunden ein Schrittchen näher. Als Fine in ihrem Rolli auf dem Lifter steht, der sie gerade mit einem zähen Laut herunterfährt, steht der Mann neben uns und bewundert unseren Fahrstuhl.  

Ganz schön praktisch, wirklich. Ja, ein ganz tolles Teil. Das hat es früher nicht gegeben. Großartige Technik in so kleinem Format.  

Ja. Da kann ich nur zustimmen.  

Und dann nimmt er, nach dieser überaus tollen Liftersache auf einmal Fine wahr. Technisch nicht so auf dem Höchststand. Ohje, da bedauert er ja uns wirklich. Mit moselfränkischem Dialekt, sich aber um hochdeutsch bemühend fragt er, ob „er nicht reden könne“. Nein, das könne Fine nicht, antworte ich. Sie kann sich ein bisschen bemerkbar machen, aber nicht sprechen. Schlimm findet er das und wir tun ihm ganz schön leid.  

Das Mitleid schlägt aber glücklicherweise schnell um.  

Blöderweise allerdings in Freude für sich selbst. Er erzählt, dass von seinen fünf Kindern aber niemand behindert ist und alle kerngesund sind. Auch die Enkel sind nicht krank, sondern alle ganz wunderbar entwickelt. Groß gewachsen. Stolz ist er, spürbar froh über seine Leistung. 

Herzlichen Glückwunsch, freut mich sehr. Danke fürs Gespräch. Arschloch. 

Den ganzen Tag ärgere ich mich wie Bolle, dass ich vor Verwirrung nicht reagiert habe. Denn es freut mich tatsächlich, dass alle in seiner Umgebung gesund sind. Und ich hoffe auch von Herzen, es möge so bleiben. Aber das ist nicht sein Verdienst, sondern zum Großteil pures Glück. Und es zeugt nicht von sonderlicher Empathie, mir das an diesem Morgen erzählt zu haben.  

Zum Glück kommen wir einige Minuten später bei den „Pinguinen“ in der nestwärme Kita an, wo wir uns geborgen fühlen und spürbar willkommen und richtig sind. Schade, dass dies nicht die Regel ist. Aber alle können etwas dazu beitragen.  

Also bitte, netter alter Mann, halte doch beim nächsten Mal einfach deinen Mund.  

Ich wills nicht hören. 


Welche Erfahrungen habt ihr mit Reaktionen oder Äußerungen von Mitmenschen gemacht? Welche waren positiv und welche haben euch verletzt oder verärgert? Was würdet ihr euch von anderen Menschen wünschen? Teilt es mit uns in den Kommentaren.

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