Fine bekommt ihr erstes Zeugnis
Es ist mal wieder so weit, bevor die Ferien starten können, ist es Zeit für die Zeugnisse. Ich glaube, ich habe keine besondere Beziehung dazu. Wahrscheinlich, weil meine eigenen nie super berauschend waren. Und daher mehr oder weniger egal. Meine Erinnerungen belaufen sich eher auf Momente, in denen es knapp war. In der Bilanz waren aber auch gute dabei. Im Studium konnte ich gar nicht glauben, wie gut. Egal. An meiner Beziehung zu Zeugnissen hat sich auf jeden Fall wenig geändert. Ich finde nicht, dass ein Zeugnis viel über Menschen oder deren Leben aussagt und damit ist es mir nicht so wichtig.
Anders jetzt: Fine bekommt ihr erstes Zeugnis.
Und darauf bin ich ja so gespannt! Ich bin so froh, dass sie eines bekommt, weil Schulkinder eben Zeugnisse bekommen. Und weil ich ahne, dass es wunderbar sein wird. Weil die Schule, die Fine besucht (eine Förderschule für motorische Entwicklung), eine so undenkbar wertvolle Arbeit macht. Fine begegnet dort so vielen besonderen Fachkräften, die sie so annehmen, wie sie eben ist. Und die, das ist fast noch besser, offensichtlich so viel Lust darauf haben, mit ihren Schülern zu arbeiten. Niemals hatte ich gedacht, dass Fine nach der behüteten familiären Zeit in der nestwärme KiTa auch in der Schule eine solche Geborgenheit erfahren darf.
Und klar wird sein: Fine wird bestimmt nicht in allen Fächern ein „ungenügend“ erhalten. Nichts gesagt, nichts gemacht, setzen, 6! Das gibt’s ja in ihrem Fall nicht. Denn die Kinder werden nicht verglichen, an anderen gemessen oder müssen sich in dieses Schulsystem hineinpressen, von dem wir alle wissen, dass niemand 100% hineinpasst. Ich vermute, dass gesehen wurde, was Fine ausmacht. Was Fine kann. Ohne Leistungsdruck, ohne enttäuschende Bewertungen.
Leider nicht üblich in unserer Leistungsgesellschaft…
Und nun ist es da. Fine ist dem „Bildungsgang: Förderschwerpunkt ganzheitliche Entwicklung“ zugeordnet. Es steht geschrieben, dass sie sich „schnell und gut auf das neue Schulleben einlassen“ konnte. Fine hat “ihren festen Platz in der Klassengemeinschaft und wird von allen immer wieder in das Geschehen mit einbezogen”. Und: „mit Unterstützung übernimmt sie Klassendienste wie den Wäschedienst oder Papierdienst.“ Ach herrje, ich habe gerade die ersten drei Sätze gelesen und platze schon vor Stolz und Begeisterung.
Das Zeugnis umfasst aber mehr als eine Seite, die Fines Schulleben beschreiben. Es handelt davon, welche Unterrichtseinheiten Fine besonders aufmerksam verfolgt, wann sie eher Ruhe benötigt und was sie im ersten Schuljahr erlernt hat. Dort steht, dass im Sachunterricht das Thema „mein Körper“ mit Tast-, Hör- und Sehsinn behandelt wurde, bevor „der Schmetterling“ zum Thema wurde. Dass Fine in Kooperation mit der Werkstufenklasse verschiedene Länder Europas mit ihren landestypischen Liedern, Gerüchen, Bräuchen und Farben der Landesflaggen kennenlernen dürfte. Weiterhin wurden neben verschiedenen Ausflügen der Farbkreis und der Umgang mit Orff-Instrumenten erlernt, aber auch Bewegungsangebote und Schwimmeinheiten durchgeführt.
Natürlich weiß ich im Großen und Ganzen, welche Themen Fine in der Schule behandelt hat. Schließlich haben wir zum Beispiel eine luxemburgische Flagge hier aufgehängt, die Fine in der Schule mit Fingerfarben angemalt hat. Auf ihrem Talker „erzählt“ Fine zudem jeden Tag, was sie in der Schule gemacht hat und wie es ihr ergangen ist.
Dennoch bin ich einfach verzückt. Verzückt davon, dass wir das Glück haben, Fine an einer so besonderen Schule zu wissen. Eine Schule, die sehr individuell auf sie und ihre besonderen Bedürfnisse eingeht, ihre Kompetenzen nutzt und fördert und ihre Leiden mitträgt.
Ich bin glückselig.
Nur an den Fehltagen können wir noch arbeiten 😉
Vielen lieben Dank Anke,dass du Fines‘ Schulalltag und ihr schönes Zeugnis mit uns teilst ????❣️sooo schön ❤️