Wie inklusiv sind eigentlich Kinderbücher?
Kinderbücher sind einfach großartig. Ob in der inklusiven Kita, der Kinderhospizarbeit oder der ehrenamtlichen Familienbegleitung. Gelesen wird immer. Sicher kennst auch du noch einige Geschichten aus deiner Kindheit oder liest heute deinen Kindern vor?
Gemeinsames Vorlesen schafft Nähe und Verbindung, Es ist gut für die Sprachentwicklung, das Vorstellungsvermögen und die Kreativität von Kindern. Mit Kinderbüchern erschließen Kinder sich die Welt, lernen ganz viele neue Dinge kennen und setzen sich mit bestimmten Themen – auch schwierigen wie Tod oder Krankheit – altersgerecht auseinander.
Deshalb prägen die Kinderbücher, mit denen wir aufwachsen, auch unser Weltbild. Umso wichtiger ist es die Vielfalt an Lebensrealitäten, die uns umgeben, dort abzubilden. Doch ist das eigentlich der Fall?
Inklusion in Kinderbüchern – Alltag oder Rarität?
Durchforstest man klassische Buchläden oder Stadtbüchereien fällt leider auf: Es gibt wenig Vielfalt in den gängigen Kinderbüchern. Ob Mensch- oder Tierfamilien, es gibt eine Mama und ein Papa, ein bis zwei Kinder, alle gesund, meist weiß, schlank und wohlhabend. Keine Alleinerziehenden, keine Adoptiveltern oder Pflegefamilien, keine gleichgeschlechtlichen Partner:innen und kaum Menschen mit Behinderungen. Ist das auch dein Eindruck?
Jedes Kind soll sich in Büchern wiederfinden können.
Es ist wichtig Kindern unterschiedliche Lebensweisen zu zeigen. Erkennen Kinder ihre eigene Lebenswirklichkeit nicht in Medien wieder, wird ihnen damit ständig suggeriert, nicht Teil dieser Gesellschaft zu sein. Anders zu sein. Womöglich nicht gut genug zu sein. Wollen wir das?
Auch für Kinder, die sich in diesen Stereotypen wiederfinden, ist Vielfalt wichtig. Denn ohne sie wird bei ihnen von Anfang an eine Vorstellung von Normalität und Anders sein verankert. Inklusive Geschichten helfen dabei, Vorurteile und Berührungsängste abzubauen oder gar nicht erst entstehen zu lassen. Eine wunderbare Basis für eine Gesellschaft, in der alle Menschen gut sind wie sie sind.
Wer sucht der findet.
Es gibt sie aber doch: Inklusive Kinderbücher, die die Vielfalt unserer Gesellschaft abbilden. Man muss nur gezielt nach ihnen suchen. Manche behandeln ganz konkret das Thema Behinderung und sind sehr plakativ, manche sind subtiler.
Einige Lesetipps haben wir für dich zusammengestellt:
(ACHTUNG: unbezahlte Werbung)
- Unser Favorit für noch jüngere Kinder (ab ca. 2 Jahre): Sorum und Anders von Yvonne Hergange und Christiane Pieper. Es zeigt auf lustige Art, dass wir alle verschieden sind und dass das gut ist.
- Lilly gehört dazu von Irmgard Partmann ist für Kinder ab ca. 5 Jahren geeignet. Eine wunderbare Geschichte über Lilly mit dem Downsyndrom und ihre große Schwester.
- Paula und die Zauberschuhe von Carolina Moreno und Alexandra Haag erzählt eine Geschichte über ein Mädchen mit Spastik, dass auf einen Rollator angewiesen ist. Es geht um die Behinderung, Theorien und Medikamente aber auch ganz übliche Alltagsfragen in einem Kinderleben, für Kinder ab ca. 5 Jahren geeignet
- Klein-Lichtstadt von Kelly Canby ist ein wunderschönes Buch über Toleranz und Akzeptanz. Es behandelt nicht direkt Inklusion, vermittelt aber sehr kindgerecht, wie „anders Sein“ statt als Bedrohung als Bereicherung wahrgenommen werden kann. Ab ca. 4 Jahre geeignet.
- Was ist eigentlich Demokratie von Tina Ruthe und Sally Lisa Starken. Hier geht es vordergründig darum, Kindern Demokratische Prozesse altersgerecht näher zu bringen. Ganz nebenbei hat eines der Kinder Diabetis und ein anderes sitzt im Rollstuhl. Außerdem kommen auch gleichgeschlechtliche Paare und andere Lebensweisen vor, ohne weiter betont oder hinterfragt zu werden. Sehr gelungen!
- Das gestohlene Fahrrad von Corinna Fuchs wurde von Aktion Mensch und dem Carlsen Verlag erstellt. Das Besondere: Es ist nicht nur eine inklusive Geschichte, das Buch ist auch in Brailleschrift, Alltagssprache und Leichte Sprache verfasst, also barrierefrei, ab ca. 7 Jahren geeignet
Außerdem haben wir in unserer inklusiven Kita nachgefragt.
Die Erzieher:innen legen selbstverständlich viel Wert auf Diversität in den Büchern, die sie mit den Kindern lesen und haben folgende Tipps für euch:
Wer holt dich von der Kita ab? von Meike Töpperwien und Anna Taube, Pappbilderbuch für Kinder ab 2 Jahre
Alice aus der Kita erklärt: „Täglich beschäftigen sich unsere Kinder mit der Frage, wer sie von der Kita abholt. Doch sind es längst nicht nur noch die klassischen Elternteile wie Mama und/oder Papa. Und auch die Lebensweisen, Kulturen sowie Lebensbedingungen unserer Kinder weichen längst von früheren „normalen“ Gruppen in einer Kita ab. Und das ist auch gut so!
Dieses aussagekräftige und trotzdem einfach illustrierte Buch „Wer holt dich von der Kita ab?“ macht es uns als Mitarbeiter:innen der inklusiven nestwärme Kita leicht, unseren Kindern einen Zugang zu kunterbunten und vielfältigen Familienformen, sowie zum Thema Inklusion zu vermitteln.
Wimmelige Illustrationen kombiniert mit anregenden und kurzen Suchaufgaben regen die Kinder zum Mitdenken und Erzählen an. Dieses Buch lädt zum interaktiven Verweilen und Entdecken auf jeder Seite ein.“
Du möchtest mehr über unsere inklusive Kita erfahren? Dann schau hier vorbei.
Veränderung in Sicht.
Nach längerer Recherche haben wir den Eindruck, dass langsam ein wenig mehr Vielfalt in den Bücherregalen einkehrt. In kleinen Schritten, aber immerhin. Wir würden uns wünschen, dass das Thema Inklusion noch selbstverständlicher in den Geschichten behandelt wird. Wir brauchen mehr Bücher, bei denen nicht die Behinderung im Fokus steht, aber Kinder mit Beeinträchtigung einfach dabei sind. Ganz normal eben.
Welche sind deine liebsten Kinderbücher? Kennst du welche, die besonders inklusive sind? Und was würdest du dir wünschen? Schreib uns eine Mail an blog@nestwaerme.org
Heute keine Lust zu lesen? Dann findest du hier über 200 Gute Nacht Geschichten als Podcast, die von Prominenten und ehrenamtlich Engagierten für unsere nestwärme Community vorgelesen werden.